Donnerstag, 29. November 2012

I don’t just love fashion, I adore garments

Hier kommt der versprochene Post darüber, wie jeder von uns sein Kaufverhalten bzgl. Mode und Bekleidung ändern kann.

Ihr alle habt vielleicht in den Medien mitbekommen, dass vor kurzem eine Nähfabrik in Bangladesch abgebrannt ist mit mehreren 100 Toten. Grund hierfür sind die viel zu schlechten Arbeitsbedingungen unter denen dort produziert wird. Auf viel zu engem Raum tummeln sich hunderte von Arbeitern, Notausgänge sind kaum vorhanden oder nicht begehbar. Es gibt zahlreiche Dokumentation im Internet, für alldiejenige die sich weiter mit dieser Materie auseinandersetzen wollen. Ich empfehle unter anderem die Dokumentation über Kik via Panorama auf ARD (über die Mediathek einsehbar).

Fakt ist, es ist nicht normal, dass man T-Shirts für 5 Euro oder weniger kaufen kann, Kleider unter 20 Euro bekommt und es mittlerweile schon Blazer für wenige Euros zu haben gibt. Es ist wichtig, dass man sich vor Augen führt, was mit solch niedrigen Preisen alles verbunden ist. Neben den oben genannten, furchtbaren Arbeitsbedingungen sorgen diese ganzen Dumping Preise unter anderem dafür, dass Bekleidung seinen Wert verliert und die Arbeit, die hinter so einem Kleidungsstück liegt nicht mehr geschätzt wird. Gleichzeitig leidet auch die Qualität des Kleidungsstücks. Viele sind sich sogar durchaus bewusst, dass billige Kleidung nicht lange hält, da diese aber kaum etwas kostet gehen sie das Risiko ein, das Kleidungsstück nach kurzer Zeit wegzuwerfen. Es wird also schon davon ausgegangen und förmlich damit geplant, dass man seine Kleidung nach wenigem Tragen wegwirft.

Ich habe mich in der Vergangenheit sehr oft über Primark geärgert, da ich die Philosophie und das ganze Ladenkonzept grauenhaft finde. Man sieht auch welche Auswirkungen das Ganze auf die Kunden hat und wie diese mit Kleidung umgehen. Macht doch einmal den Extrem-Vergleich. Primark verglichen mit einer Mode-Boutique am Kurfürstendamm in Berlin. Niemals würde man auch nur auf die Idee kommen zu Chanel hereinzuspazieren, sich ein Kleid anzuschauen und dieses auf den Boden fallen zu lassen oder gar liegen zu lassen, wenn es beim Anschauen vom Bügel rutscht. Warum nicht? Weil man es als wertvoll erachtet. Mal abgesehen davon, dass sich viele wahrscheinlich gar nicht bei Chanel reintrauen werden, sollte dieses Bewusstsein für Kleidung auch in günstigeren Geschäften zu finden sein.

Mir als Modedesigner tut es in der Seele weh, wie viele Menschen mit Bekleidung umgehen. Ich selbst weiß, wieviel Arbeit dahinter steckt z.B. den Schnitt für ein Hemd zu erstellen und dieses anschließend zu nähen. Sicherlich sind die Arbeitsprozesse in der Industrie systematischer und automatischer, jedoch ist der Ablauf der Gleiche.

Wie kann man also anfangen etwas zu ändern? Am besten versucht man einmal selbstkritisch sein eigenes Kaufverhalten zu betrachten. Wie viele Kleidungsstücke im Monat oder sogar im Jahr kauft man denn eigentlich? Braucht man die eigentlich? Dazu sollte man einmal einen ehrlichen Blick in seinen Kleiderschrank werden.

Sinnvoll kann z.B. sein seine Kleidung in „Ups“ und „Downs“ zu sortieren. Wie viele Oberteile habe ich eigentlich? Sind Basics vorhanden? Auf Johara’s Blog Berlinshopper gibt es eine wirklich sehr schöne Anleitung, wie man seinen Kleiderschrank aufräumen kann und sich Gedanken dazu machen kann, welche Kleidung man wirklich braucht. Das hilft auch ungemein um nicht vor dem leidigen Problem zu stehen: „Kleiderschrank ist voll, aber was ziehe ich bloß an?“

Dinge die ich als wichtig erachte beim Kleidungskauf:  

1. Es ist weniger nachhaltig neue Kleidung zu kaufen.
Das muss euch klar sein. Seht Bekleidung als Investition an. Alles was über den Mindestbedarf an Kleidung hinaus geht ist reiner Luxus.

2. Qualität statt Quantität.
Wenn ihr doch der Meinung seid, neue Kleidung sei notwendig, achtet mehr auf die Qualität der Bekleidung. Kleidung sollte wieder etwas kosten dürfen. Ihr werdet sehen, dass ihr mit qualitativer Kleidung gleichzeitig auch viel wertvoller umgeht.  

3. Macht den Vergleich.
Verabschiedet euch von Spontankäufen und vergleicht vielleicht auch mit anderen Angeboten.  Wenn euch z.B. ein schwarzes schlichtes Kleid im Kleiderschrank fehlt lohnt es sich mehrere Kleider zu vergleichen. Dabei lernt man schnell auch sein Auge zu schulen, was Verarbeitung und Qualität der Kleidung angeht. Schiefe Nähte, kratzige Stoffe, im Kaufrausch übersieht oder ignoriert man so etwas gerne einmal 

4. Schaut euch die Waschschilder an.
Ich bin beispielsweise gerade sehr ausgebremst, wenn es darum geht mein Geld für Bekleidung auszugeben. Von Kleidung „Made in Bangladesch“ halte ich mich prinzipiell fern und momentan kann man sich beinahe schon 100% sicher sein, dass ein Kleidungsstück made in Bangladesch ist, sobald es unter 10 Euro kostet. Es gibt viele andere arme Länder, in denen billig produziert wurde z.B. Cambodia, Indien etc. Diese haben China mittlerweile schon beinahe überholt, da man in diesen Ländern noch weitaus günstiger produzieren lassen kann.
Ist euch dabei vielleicht schon einmal aufgefallen, dass in den Kleidungsstücken von Primark nicht ein Hinweis vermerkt ist, wo sie ihre Ware produziert haben? Ich habe mittlerweile rausgefunden, dass man keine Kennzeichnungspflicht innerhalb der EU hat, wenn man auch wirklich nur innerhalb der EU verkauft. Ich find es jedenfalls eine Frechheit und bin der Meinung, dass man solch ein intransparentes Verhalten boykottieren sollte.

5. „Ich habe wenig Geld und bin auf Billig-Kleidung angewiesen“.
Ihr wisst nicht wie oft ich über dieses Argument stolpere. Ich hab dafür nur ein Wort übrig: BULLSHIT. Wie ich schon oben meinte, ist eigentlich alles, was über den Mindestbedarf an Kleidung hinaus geht (nämlich, dass man nicht nackt über die Straße laufen muss, saubere Unterwäsche hat und nicht frieren muss) Luxus. Ich muss bei diesem dämlichen Argument immer an meine Großeltern denken. Meine Oma erzählt mir regelmäßig davon, wie sie früher während des zweiten Weltkriegs und auch die Zeit danach kaum Bekleidung zur Verfügung hatten. Das Geld war knapp, aber auch das Angebot war rar. Dementsprechend wurde improvisiert. Man reparierte seine Kleidung oder machte aus alten Kleidungsstücken neue. Sie erzählte mir auch davon, wie sie aus alten Gardinen Kleider nähte.

Mein Opa hat einen jahrzehnte alten Strickpullover, welcher schon an etlichen Stellen gestopft wurde und so seinen ganz eigenen Charme hat. Wir sollten uns ein Beispiel an der alten Generation nehmen. Dabei spreche ich auch nicht davon, dass man seine Kleidung selbst nähen muss. Jedoch sollte man bewusster mit seinem Geld umgehen und generell mit dem was man hat. Wenn ich mein Geld für Kleidung verschwende, die eh kaum hält, dann muss ich mich nicht beschweren, dass ich mein Geld zum Fenster hinauswerfe.
Ich habe einmal das Argument gelesen, dass anstelle sich eine Hose für 50 Euro zu kaufen, man ja z.B. bei Primark sogar 5 Hosen für diesen Preis bekommt. Aber was hat man davon? Sollte man nicht lieber in Qualität investieren und sich auch wieder mit dem Gedanken anfreunden Kleidung über Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte zu behalten? Ich hab z.B. eine Jeansjacke in meinem Kleiderschrank, die ich mit 12 Jahren gekauft habe und sie passt erstaunlicherweise immer noch. Es ist natürlich klar, dass man gerade in Teenager Jahren sowohl äußerlich als auch innerlich wächst und es durchaus einmal angebracht ist, seinen Kleiderschrank auszumisten. Jedoch sollte schon beim Kauf genau beurteilt werden, wie lang dieses Kleidungsstück denn nun im Kleiderschrank bleibt.

Zusätzlich gibt es tolle Plattformen wie Kleiderkreisel, Ebay oder der Second Hand Laden nebenan, so dass das Argument mit dem wenigen Geld nun wirklich gar nicht zählt. Wie man der Greenpeace Studie entnehmen kann, tut man sich in den meisten Fällen auch selbst keinen Gefallen, wenn man die billigen mit Chemie verseuchten Kleidungsstücke trägt. 

Was die Materialien angeht kann man sich streiten, welche nun wirklich nachhaltig sind. Hier ein paar Fakten:
  • Baumwolle wächst zwar nach, aber belastet die Umwelt oft mehr als beispielsweise recyceltes Polyester. Es gab auch schon genug Skandale bzgl. falsch gekennzeichneter Bio-Baumwolle. Ich denke ein Bio-Baumwoll-recyceltes-Polyester oder Polyamid Gemisch wird auf lange Sicht die Zukunft sein.
  • Viskose wird zwar aus natürlicher Cellulose gewonnen, ist aber im eigentlichen Sinne eine Chemiefaser. Bambus-Viskose fand ich bisher recht interessant, da sie zwar absolut gar keine gesonderten Eigenschaften zu anderer Viskose hat (leider wird hier dem Kunden oft das Blaue vom Himmel vorgelogen) jedoch ist der Rohstoff Bambus durch sein sehr schnelles Wachstum und seine Robustheit weit aus nachhaltiger als Viskose, welche aus anderen Hölzern gewonnen wird.
  • Leder oder Kunstleder? Ist ja auch gern ein Streitthema unter Vegetariern und Veganern. Bekanntlich kommt ein Großteil der Häute als Nebenprodukt der Fleischindustrie auf. Auch hier gibt es natürlich nachhaltige und weniger nachhaltige Prozesse um aus den Häuten langlebiges Leder herzustellen.  Kunstleder hingegen wird extra produziert und entsteht zumeist aus Erdöl. Dem Geruch einiger Kunstleder Produkte nach zu urteilen liegt hier auch eine große Gefahrenquelle für Schadstoffe. Ich selbst habe mir einmal Kunstleder für eine Semesterarbeit gekauft und das Zeug hat meine ganze Wohnung vollgestunken. Kopfschmerzen inkl..
  • Kunstfell kurbelt den Felltrend genauso sehr an wie Echtfell. Wer also gegen Fell ist, sollte meiner Meinung nach auch auf Kunstfell verzichten (ein bisschen Fell an der Kapuze find ich dabei weniger tragisch als diese massiven Fellwesten, die man momentan ständig sieht.)
Wie ihr seht ist das Ganze ein ziemlich komplexes Thema und oft muss man auch ein wenig abwägen. Prinzipiell bin ich der Meinung das heutzutage viel mehr Kleidung produziert wird als nötig und auch viel mehr weggeworfen wird als Muss. Prinzipiell sollte das Wegwerfen von Textilien auf ein Minimum beschränkt werden. Es gibt genügend Anlaufstellen um Kleidung zu spenden. Ich hoffe dass sich zumindest ein paar Leute meine Worte zu Herzen nehmen. Es liegt an uns ob sich etwas an der Situation ändert.

7 Kommentare:

  1. Ich bin absolut für das selber machen von Kleidung. Ich nähe viel selbst für meine Tochter und mich. Meine kleine Zaubermaus bekommt oft Shirts oder Hosen aus alten Sachen von meinem Mann, meiner Familie und mir gemacht. Grundsätzlich kann ich mich nicht davon frei sprechen, schon bei billigen Marken gekauft zu haben, aber ich habe gemerkt, dass ich für die selbst gemachten Sachen die größte Wertschätzung habe. Die Qualität ist auch viel besser. Selbst nach Jahren entscheide ich mich, diese Sachen lieber zu flicken als sie auszusortieren.

    Es gibt ein schönes Buch über kreatives Kleidung flicken. Leider finde ich es gerade nicht mehr. Muss mal danach suchen.

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  2. Ich bin auch so doof und falle auf niedrig-Preise rein, aber ich weiß einfach nicht mehr, wo ich guten gewissens kaufen kann und was genau die Sachen denn so wert sind.

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  3. @Schneeweißchen
    Oft siehst du es schon am Herkunftsland. Made in Europe ist eben doch nochmal um einiges besser als made in Asia. Es gibt auch mittlerweile sooooviele kleine Labels die ihre Mode anbieten, das ist dann sogar made in Germany und das oft auch zu vertretbaren Preisen

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    1. Welche Labels gibt es denn? Ich kenne leider keine und wo kann ich halbwegs vernünftige Kleidung kaufen (außer bei Esprit), ohne dass ich mir die Sachen ständig nachkaufen muss, weil sie eingehen, Löcher haben, kaputte Näte oder sonst was?

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  4. Oder man macht die Sachen selber. ich hab mich letztens 15 Minuten in der stadt hinter einer frau hergeschlichen, die so einen tollen mantel an hatte. Jetzt weiß ich, wie der Schnitt funktioniert und werde ihn vielleicht irgendwann nachnähen. @Schneeweißchen: Du hast immer noch die Möglichkeit, Dir nähen beibringen zu lassen. ich weiß aus sicherer Quelle, dass Du da jemanden kennst, der das machen würde.

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